Projekt Spurensuche
„Spurensuche“ – Zwangsarbeit im Dritten Reich in Ochtrup
„Spurensuche“ – Zwangsarbeit in der NS-Zeit in Ochtrup
Zwangsarbeit in der NS-Zeit: ein Thema, das alle angeht, denn es verbindet das Gestern mit dem Heute und hat zugleich eine wichtige Botschaft für das Morgen. So sehen es die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 12 (LK Geschichte) des Ochtruper Gymnasiums, die sich auf „Spurensuche“ begeben haben und gemeinsam mit dem Stadtarchiv Quellen zur Zwangsarbeit in Ochtrup recherchieren und auswerten.
Ihr Augenmerk fiel unter anderem auf die Situation der Kinder von Zwangsarbeiterinnen, die bei der Textilfirma Gebr. Laurenz beschäftigt waren.
Gemeinsam mit dem LK Kunst entstand im Laufe ihrer Forschungsarbeiten die Idee, den in Ochtrup verstorbenen Kindern von Zwangsarbeiterinnen auf dem Friedhof ein Denkmal zu setzen, das sie selbst aus Sandstein gestalten werden. Eine Informationstafel zur Geschichte der Zwangsarbeit in der NS-Zeit in Ochtrup soll das Kunstwerk ergänzen.
Das fächerübergreifende Projekt stellten die Schülerinnen und Schüler im September 2017 dem Bürgermeister und dem Fachbereich II der Stadtverwaltung vor. Die Stadt Ochtrup hat ihre Unterstützung sofort zugesagt.
Hintergründe zu dem Projekt „Spurensuche – Zwangsarbeit in Ochtrup in der NS-Zeit“:
Vortrag „Zwangsarbeit in Ochtrup“
09.11.2017
Zwangsarbeit in Ochtrup war auch ein Thema einer Veranstaltung des Katholischen Frauenbunds im November in der Villa Winkel.
Stadtarchivarin Karin Schlesiger stellte in ihrer Präsentation einige Zahlen und Fakten vor: Rund 1700 Arbeiterinnen und Arbeiter aus verschiedenen Ländern waren in den Kriegsjahren in Ochtrup in der Landwirtschaft, in Industrie und Handwerksbetrieben im Einsatz - zum Teil unter menschenunwürdigen Bedingungen.
„Aber es gab in Ochtrup auch Nischen der Menschlichkeit“, betont Schlesiger. Das hing natürlich immer von den einzelnen Menschen ab. Auf vielen Bauernhöfen und in Familienbetrieben hatten die Arbeiterinnen und Arbeiter guten Familienanschluss – was eigentlich unter Strafe stand, denn der Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung war offiziell streng verboten.
Ein besonderes Beispiel von Menschlichkeit findet sich auch in der Geschichte der Textilfirma Gebr. Laurenz: Diese hatte für die Kinder der in ihrer Fabrik tätigen Arbeiterinnen eigens eine junge Krankenschwester, Margund Fehrmann, eingestellt, die sich mit besonderem Einsatz der Mütter und ihren kleinen Kindern annahm.
Bei der Veranstaltung des Katholischen Frauenbundes erinnerten sich selbst noch viele Teilnehmerinnen an Begegnungen mit Zwangsarbeitern in Ochtrup.
„Solche persönlichen Erinnerungen sind für mich besonders wichtig“, sagt Schlesiger und ermuntert ausdrücklich alle Zeitzeugen, sich mit ihren Erinnerungen – vielleicht auch Dokumenten - an sie zu wenden. „Ich habe im Archiv hauptsächlich Listen, Tabellen, Zahlen. Die persönlichen Erzählungen wecken sie erst mit Leben, und vor allem sind sie es, die die Nischen der Mitmenschlichkeit in jener dunklen Zeit füllen können.“
Gedenkstätte auf dem Osterfriedhof: Die Skulptur nimmt Formen an
16.02.2018
Einen schweren Brocken hat der Leistungskurs Kunst des städtischen Gymnasiums im buchstäblichen Sinne zu bewältigen: Seit Anfang Februar sind die Schülerinnen und Schüler damit beschäftigt, einen 3,5 Tonnen schweren Sandstein aus den Baumbergen mit Schlagbohrer, Meißel und Knüpfel zu bearbeiten.
Sie gestalten daraus eine Skulptur, die auf dem Osterfriedhof zum Gedenken von fünf unter der Nazidiktatur verstorbenen Zwangsarbeiterkindern aufgestellt werden soll. Das fächerübergreifende Projekt, das im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Leistungskurs Geschichte angestoßen wurde, geht damit in seine letzte Runde.
Viel Rückhalt habe ihr Projekt in der Bevölkerung erfahren, erzählen die Schülerinnen und Schüler erfreut, die selbst seit anderthalb Jahren mit großem Engagement bei der Sache sind. „Die Stadt, die Sparkasse, mehrere Firmen und auch private Spender haben uns bei der Umsetzung sehr unterstützt.“
„Das Bearbeiten des Natursteins ist richtige Knochenarbeit“, so Kunstlehrerin Karolin Hörsting. „Da er witterungsbeständig sein muss, ist das Material ausgesprochen hart.“ Bereits die Anlieferung sei ein kleines Abenteuer gewesen, erzählt sie. „Der städtische Baubetriebshof hat uns dabei mit großem Einsatz geholfen.“ Jetzt sind die Kunstschüler am Zuge: Nach einem zuvor entwickelten Modell bearbeiten sie jeweils in Kleingruppen den Stein, um daraus eine Skulptur in Form einer Vogeltränke zu gestalten. Die Vogeltränke symbolisiere eine Verbindung von Himmel und Erde, erklären sie.
Das passt besonders gut zum diesjährigen Motto der Woche der Brüderlichkeit: „Angst überwinden - Brücken bauen“. In ihrem Rahmen wird das Kunstwerk am 17. März um 11 Uhr auf dem Osterfriedhof feierlich eröffnet.
Alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sind dazu eingeladen.
Einweihung der Gedenkskulptur am 17. März
Die Steinskulptur zum Gedenken der fünf in der NS-Diktatur verstorbenen Zwangsarbeiterkinder Maria, Genik, Nikolais, Senik und Stanislaus hat seit vergangenem Samstag seinen festen Platz auf dem Friedhof Oster, ganz in der Nähe der Kindergräber. Die Skulptur, die zugleich eine Vogeltränke darstellt, erinnert darüber hinaus an das Werk der damaligen Säuglingsschwester Margund Fehrmann. Die junge Münsteranerin setzte sich mit großer Zivilcourage und unermüdlichem Einsatz für das Wohl der insgesamt 28 ihr anvertrauten Kinder ein.
Die feierliche Einweihung fand in der Öffentlichkeit und im Beisein von Zeitzeugen, allen Schülerinnen und Schülern der beteiligten Leistungskurse Geschichte und Kunst sowie Vertretern aus Stadt und Politik im Rahmen der „Woche der Brüderlichkeit“ statt. Für die passende musikalische Untermalung sorgte eine kleine Formation der Schüler- Bigband des städtischen Gymnasiums unter der Leitung von Christoph Bumm-Dawin.
Als Ehrengäste hatten Margarita Zhurba, die Tochter von Vallentina Licholat,
gemeinsam mit dem Journalisten Viktor Pedak aus der Ukraine auf den Weg nach Ochtrup gemacht. Margarita Zhurba wurde 1944 als Zwangsarbeiterkind in Ochtrup geboren. Ihre Mutter hatte der Säuglingsschwester Margund Fehrmann bei der Pflege der Kinder bei der Firma Gebr. Laurenz zur Seite gestanden, und die zwei Frauen hatten sich miteinander angefreundet. Auch Angehörige der Familie Fehrman waren als geladene Gäste von nah und fern angereist.
Die klirrende Kälte am vergangenen Samstag passte durchaus zum Anlass, wie die stellvertretende Bürgermeisterin Christa Lenderich in ihrer Ansprache darlegte: „Die Zwangsarbeiterkinder wurden in eine frostige Zeit hinein geboren. Sie fanden kaum Schutz in unserer damaligen Gesellschaft, außer in kleinen Oasen der Menschlichkeit, wie zum Beispiel die Säuglingsschwester Margund Fehrmann ihnen bot, so gut sie es mit ihren Mitteln konnte.“ Daher sei die Vogeltränke ein treffendes Symbol für ihr Wirken. Außerdem stelle sie eine Verbindung von Himmel und Erde dar: Das wiederum passt besonders gut zum diesjährigen Motto der Woche der Brüderlichkeit: „Angst überwinden – Brücken bauen.“
Eine Informationsstele mit den historischen Hintergründen ergänzt den Erinnerungsort.
Dass er – wie bereits die Kriegsopfer-Gedenkstätte an der Hellstiege - eine „Stätte des Lernens“ werde, das wünschte die stellvertretende Bürgermeisterin auch für diesen Ort auf dem Osterfriedhof.
Frau Karin Schlesiger |
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Stadtarchiv
Winkelstraße 1 48607 Ochtrup |
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